Der Podcast - Das ganze Interview
„Wohnhaus mit Flügel“ heißt es auf einer Architekturzeichnung aus dem Jahre 1863. Was wir in ihr sehen können, deckt sich sehr mit dem heutigen Erscheinungsbild, wenngleich die Zeit ihre Spuren am Gebäude in einem spürbaren Ausmaß hinterlassen hat. Den Besucher empfängt heute wie damals ein sehr harmonisch konstruiertes Gebäude von neun Achsen mit betontem Mittelrisalit, zu dessen Seiten die insgesamt vier Wohnräume „enfilade“ abgehen. Historischen Grundrissen ist zu entnehmen, dass im rückwärtigen Bereich das Schlafzimmer, ein Kinderzimmer und ein Esszimmer lagen. Daran schloss sich der Flügel mit der Küche und den Vorratskammern an. Imposant ist bis heute das Mansarddach des Haupthauses, das etwa zu zwei Dritteln die Ansicht des Herrenhauses bestimmt und ihm dadurch sehr viel Ruhe verleiht. Getragen wird das Gebälk durch flache dorische Pilaster. Diese schlichte architektonische Gliederung setzt sich bei den Faschen der Fenster fort und wurde einst nur unterbrochen durch die Palmetten, die historisch auf dem Giebeldreieck des Zwerchhauses zu finden waren und das Haus unmissverständlich zu einem klassizistischen Gebäude machten.
Zwar sind die Spuren der Zeit deutlich und teilweise auf sehr dramatische Weise sichtbar. Doch hat der hier offenbar fehlende menschliche Drang, das Gebäude nach den jeweils neuesten Standards durchgreifend zu modernisieren, das ein oder andere bauzeitliche Detail wie etwa die Fenster mit den sehr filigranen Metallsprossen und dem welligen Glas erhalten. Gleichwohl können diese Details nicht über den dramatischen Zustand des Hauses auf seiner Rückseite hinwegtäuschen.
Besitzerwechsel gab es viele auf diesem Domanialgut. Als Domanium befand es sich im Eigentum des Großherzogs in Schwerin und diente der Pachtzins der Deckung des fürstlichen Haushalts. Die letzten Besitzer flohen vor der heranrückenden Roten Armee 1945. Dennoch wurde das Herrenhaus kontinuierlich weiter zu Wohnzwecken genutzt. Doch die Lage des Ortes abseits größerer Fernstraßen mag dazu geführt haben, dass auch das Haus aus dem Fokus des öffentlichen Interesses verschwand und weitgehend sich selbst überlassen blieb.
Es waren die beschriebene Vorderansicht des Hauses und seine Lage, die unsere beiden Gäste, Sandra und Lars Lüke, bewegten und letztlich zur Entscheidung führten, neben vielen anderen Projekten auch das Herrenhaus in Hof Sülten zu entwickeln. Sie berichten uns von dem Moment, als sie erstmals in den Räumen ihres Gutshauses standen, von ihren Plänen und wie sie den Gedanken eines „Vorwerks“ in eine neue Zeit übersetzen wollen. Anders als in den Jahren als Kammergut und anders als man erwartet, wird auch Weinbau eine gewisse Rolle spielen.