Der Podcast - Das ganze Interview
„Hier habe ich im Frieden eine Provinz erobert.“ So lautete einst ein abschließender Kommentar Friedrichs des Großen nach der Trockenlegung des Oderbruchs. Zwar gab es immer wieder Ansätze zur Trockenlegung in früherer Zeit. Der preußische Minister Samuel von Marschall etwa machte Friedrich mit seinen Ideen vertraut, den nordwestlichen Teil des Oderbruches landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Jedoch erst Simon Leonard von Haerlem legte als kurmärkischer Oberdeichinspektor 1747 ein durch den Mathematiker Leonard Euler bestätigtes Gutachten zur Stromregulierung von Oder und Warthe vor. Im Kern argumentierte das Gutachten mit der Begradigung und der Verkürzung des zurückgelegten Weges des Flusses. Dadurch erhoffte man sich ein stärkeres Gefälle und damit die Fließgeschwindigkeit der Oder zu erhöhen. Der König konnte offenbar überzeugt werden. Von Haerlem entwickelte die Gesamtplanung und einer seiner ausführenden Akteure wurde Johann Friedrich Christiani, der wesentliche Wasserbauwerke konstruierte und später Deichinspektor wurde.
Christiani wurde im Oderbruch selbst ansässig und übernahm 1766 zunächst das Gut Herrenwiese. Er errichtete unweit das Gutshaus Friedrichshof bis 1767 - nur wenige Jahre nach der beginnenden Besiedlung des Oderbruchs. Friedrichshof erhielt seinen Namen nicht etwa, wie man vielleicht aufgrund der noch heute im Oderbruch anzutreffenden Friedrich-Verehrung vermuten würde, vom König. Namensgeber war der dritte Sohn Christianis. Der so Geehrte veräußerte den Besitz jedoch 1812.
Es folgten im 19. Jahrhundert weitere Besitzerwechsel, bis es 50 Jahre später von Jean Ferdinand Gain übernommen wurde. Gain wirtschaftete offenbar klug und weitsichtig. Es entstanden einige Wirtschaftsgebäude, die noch gut erhalten sind und als temporäre und provisorische Unterkunft unserer Podcastgäste dienen. Die Gebäude tragen noch die Initialen des damaligen Bauherrn. Unter seinem Schwiersohn, Alfred von Tilly, erleben das Gut und insbesondere sein Herrenhaus eine neue Blüte. Modernität im Stile des Jugendstils und des Art déco ziehen ein und mit ihr neue Bautechnik und die Verwendung neuer Baustoffe. Markant ist der Anbau auf der östlichen Seite mit dem Wintergarten. Tilly mag im prosperierenden Berlin wilhelminischer Zeit, in der er als Ministerialrat tätig war, seine stilistischen Vorlieben ausgebildet und in Friedrichshof umgesetzt haben. Er sollte der letzte Gutsbesitzer von Friedrichshof sein. Enteignet verstarb er 1946 in Berlin.
Die neue Zeit nach dem Krieg begann wie vielerorts mit Flüchtlingen. Die Wohnnutzung endete jedoch schon 1979. Zwar wurden bis 1989 zunächst noch Ideen eines SED-Funktionärsheims verfolgt. Aufnahmen desselben Jahres zeigen ein im wesentlichen noch intaktes barockes Haus mit Mansarddach. Doch seither hat fehlende Bauunterhaltung zu erheblichen Schäden am Haus geführt, die zum Verlust von großen Teilen des Daches und originaler Bausubstanz führten.
Im Jahr 2021 ist wieder eine neue Zeit angebrochen. Es sind diesmal Sophie Gerlach und Patrick Bauer, die dem Haus, dessen letztes Kapitel längst geschrieben schien, seither eine Chance auf eine erneute Blüte geben und seine Geschichte fortführen. Bei all den offen liegenden Wunden erstaunen die Spuren der Zeit, die sich noch immer deutlich sichtbar im Haus und im Garten finden. Im Vestibül des Hauses sprechen wir über die Reize der weiten Landschaft des Oderbruchs, die bauliche Not und konservatorische Herausforderungen und die Zukunft des Hauses. Ein starkes Interview mit einer überzeugenden Botschaft und klaren Vision.